Modellverzug

Bei Raumtemperatur weist ein unbelastetes Kunststoffteil bereits Eigenspannungen ungleich null auf, die durch Abkühlung der aushärtenden Struktur, entweder in der Form oder nach Einspritzung, entstehen. Die ungleichmäßige Kühlung des Formteils führt dazu, dass sich die Struktur verzieht.

Fasergefüllte Materialien weisen eine weitere Eigenschaft auf, die den Kühlungsvorgang verkompliziert. Auf Konstituentenebene (Faser und Matrix) entwickeln sich zusätzliche Spannungen, die teilweise durch Unterschiede in den thermischen Ausdehnungsmerkmalen der Konstituenten sowie durch das anisotrope Verhalten der Struktur aufgrund der räumlich variierenden Faserausrichtungen verursacht werden. Weitere Informationen zum Verzug von Kunststoffteilen finden Sie im AbschnittVerzugsanalyse in der Moldflow Hilfe.

Mit Advanced Material Exchange kann noch vor der externen Anwendung von mechanischen oder thermischen Lasten eine Prognose über den Verzug erstellt werden, der aufgrund dieser Restdehnungen im Bauteil auftritt. In diesem Fall tragen die thermischen Restdehnungen zum Gesamtdehnungszustand des Verbundmaterials bei und beeinflussen so die mechanische Lastebene, bei der das Material versagt.

Um die Auswirkungen der thermischen Restdehnungen in die Strukturanalyse einzubeziehen, müssen Sie:

  1. Moldflow mit der Analysereihenfolge Füll + Nachdruck + Verzug ausführen
  2. Die Ausgabe von Restdehnungen im Dialogfeld "Export" anfordern

Ist das Ausgabe-Kontrollkästchen für Restdehnungen aktiviert, erstellt Advanced Material Exchange während des Exports eine HIN-Datei mit dem folgenden Schlüsselwort.

*CURE STRESS

Die HIN-Datei (.hin) ist eine zusätzliche Textdatei, die für spezielle Analysefunktionen, wie die Modellierung von Verzug, verwendet werden kann. Die HIN-Datei wird unter dem gleichen Namen wie die Eingabedatei (.cdb, .dat, oder .inp) und die Strukturschnittstellendatei (.sif) mit einer HIN-Erweiterung exportiert. Die HIN-Datei wird im selben Verzeichnis wie die Eingabe- und Strukturschnittstellendatei platziert, bevor Sie die Analyse ausführen.

Beim Modellieren von Verzug muss sehr genau auf die Elementauswahl und die Netzdichte geachtet werden. Wenn möglich, verwenden Sie Elemente höherer Ordnung (d. h. C3D10M oder 187), und vermeiden Sie die Verwendung von Tetraeder-Strukturelementen mit vier Knoten. Wenn Sie häufig Verzug simulieren, empfehlen wir Ihnen, mit der Netzdichte und den Elementtypen einen Empfindlichkeitstest durchzuführen und die Ergebnisse mit den experimentellen Daten zu korrelieren.

Verwendung von Restdehnungen für die Verzugsprognose

Wenn Sie das Kontrollkästchen Output Residual Strains aktivieren, ist es wichtig, zu verstehen, wie die Informationen in Ihrer Strukturanalyse zu verwenden sind. Die Restdehnungsdaten sollten verwendet werden, um den während des Fertigungsprozesses entstehenden Verzug im Bauteil zu prognostizieren. Die Restdehnungsdaten sollten nicht zur Steuerung des Ausfalls während der Schritte für die mechanische Belastung angewendet werden. Sehen wir uns den typischen Arbeitsablauf zur Verwendung von Restdehnungen an:

  1. Aktivieren Sie das Kontrollkästchen Output Residual Strains im Dialogfeld "Export".
  2. Erstellen Sie im Berechnungsmodell einen ersten Entlastschritt, an dem die Restdehnungen angewendet werden können, um die verzogene Form des Bauteils zu prognostizieren. Der Entlastschritt sollte die gleichen Randbedingungen wie der mechanische Lastschritt verwenden. Der Entlastschritt kann über ein einzelnes Inkrement angewendet werden.
  3. Erstellen Sie den mechanischen Lastschritt. Der mechanische Lastschritt sollte verschiedene Inkremente für die Anwendung der Last auf das verzogene Bauteil verwenden. Es sind mehrere Inkremente erforderlich, um sicherzustellen, dass das aus dem Entfernprozess resultierende Spannungsfeld keinen großen Einfluss auf das Materialmodell ausübt. Als Ausgangspunkt sind 100 Inkremente für die mechanische Belastung zu empfehlen.