Beachten Sie die Auswirkungen der thermischen Restspannungen auf unidirektionale Verbundwerkstoffe.
**Derzeit können thermische Restspannungen nur für unidirektionale Verbundmaterialien berechnet werden, nicht für gewebte Verbundmaterialien.
Bei Raumtemperatur T=Tamb verfügen die Faser- und Matrixkonstituenten einer isolierten, nicht belasteten, unabhängigen, unidirektionalen Verbundlage bereits über einen Spannungszustand ungleich null. Dies ist auf das Abkühlen des Verbundmaterials nach der Aushärtung von der Aushärtetemperatur T=Tcure auf die Umgebungstemperatur T=Tamb zurückzuführen. In einer isolierten Verbundlage werden diese thermischen Restspannungen ausschließlich durch die Unterschiede in den thermischen Ausdehnungskoeffizienten der Matrix- und Faserkonstituenten verursacht. In der Regel versucht die Matrixkonstituente während der Abkühlung nach der Aushärtung einer faserverstärkten Verbundlage mehr zu schrumpfen als die Faserkonstituente. Daher weist die Matrixkonstituente zugthermische Restspannungen und die Faserkonstituente druckthermische Restspannungen auf. Der Durchschnittsspannungszustand des Verbundwerkstoffs ist jedoch null. Diese thermischen Restspannungen der Konstituenten tragen zu den gesamten Konstituentenspannungszuständen bei allen nachfolgenden thermomechanischen Belastungen der Verbundlage bei und beeinflussen damit die Belastung, bei der Konstituentenausfälle auftreten.
Wenn eine Verbundlage in eine Lage eingebettet ist, die einem Abkühlen nach Aushärtung unterzogen wird, werden zusätzliche thermische Restspannungen in die Verbundlage induziert. Dies ist zurückzuführen auf die Unterschiede zwischen den thermischen Ausdehnungskoeffizienten der betreffenden Lage und den benachbarten Lagen. Anders als bei einer isolierten Verbundlage führt diese Art von Inter-Ply-Aktion dazu, dass der Durchschnittsspannungszustand auf Lagenebene ungleich null ist, d. h., die Lage erzeugt durchschnittliche thermische Restspannungen für den Verbundwerkstoff. Diese Spannungen können in thermische Faser- und Matrixdurchschnittsrestspannungen zerlegt werden, die zur Gesamtzahl der Faser- und Matrixdurchschnittsspannungszustände bei nachfolgenden thermomechanischen Lasten beitragen. Die Spannungen haben also Einfluss auf die Lasten, bei denen die Konstituentenausfälle auftreten.
Diese beiden Quellen für thermische Restspannungen auf der Konstituentenmaterialebene werden unten schematisch dargestellt. Es wird gezeigt, dass die thermischen Restspannungen der Konstituenten zu den Konstituentenspannungen hinzugefügt werden, die durch die normalen extern angewendeten mechanischen und thermischen Belastungen der Struktur entstehen.
Die Gleichungen 32a-c beschreiben die linearisierten, thermomechanischen Konstitutivbeziehungen (Sekantenformulierung) für ein unidirektionales Verbundmaterial, das Matrixkonstituentenmaterial und das Faserkonstituentenmaterial.
In der Gleichung 32a wird der gesamte Dehnungszustand des Verbundwerkstoffs an einem Punkt () direkt durch den strukturellen Finite-Code angegeben, während in den Gleichungen 32b und 32c die gesamten Konstituentendehnungszustände an einem Punkt (
und
) mithilfe der MCT-Zerlegung von
bestimmt werden. Bei temperaturabhängigen Verbundmaterialien sind sowohl die Steifheitswerte (
,
,
) als auch die thermischen Ausdehnungskoeffizienten (
,
,
) abhängig von der aktuellen Temperatur T und dem aktuellen Fehlerzustand der Faser- und Matrixkonstituentenmaterialien. Bei temperaturunabhängigen Verbundmaterialien sind sowohl die Steifheitswerte (
,
,
) als auch die thermischen Ausdehnungskoeffizienten (
,
,
) nur abhängig von dem aktuellen Fehlerzustand der Faser- und Matrixkonstituentenmaterialien.
Bei den Gleichungen 32 würde man normalerweise davon ausgehen, dass die Temperaturänderung ΔT die Differenz zwischen der aktuellen Temperatur T des Verbundwerkstoffs und der spannungsfreien Temperatur Tsf des Verbundwerkstoffs ist, d. h. ΔT = T - Tsf. Doch der eigentliche Ausdruck, den Simulation Composite Analysis zur Berechnung von ΔT verwendet, hängt davon ab, ob Sie die thermischen Restspannungen berücksichtigen möchten, die während der Abkühlung des Verbundwerkstoffs nach der Aushärtung entstehen. Diese Funktion wird für jedes Verbundmaterial durch den ganzzahligen Wert der entsprechenden Benutzermaterialkonstante aktiviert und deaktiviert (siehe Anhang A im Benutzerhandbuch von Simulation Composite Analysis).
Wenn die Berechnungsfunktion für die thermische Restspannung aktiviert ist, werden die thermischen Restspannungen ausdrücklich in die Reaktion des Verbundmaterials während der Simulation eingeschlossen. In diesem Fall wird die spannungsfreie Temperatur Tsf des Verbundmaterials aus der MCT-Verbundmaterial-Datenbankdatei (MDATA-Datei) ausgelesen, wobei Tsf als Synonym für die Aushärtungstemperatur Tcure des Materials betrachtet wird. Wenn die spannungsfreie Temperatur Tsf des Materials nicht ausdrücklich in der MDATA-Datei definiert ist, gibt Simulation Composite Analysis eine Fehlermeldung aus, die darauf hinweist, dass die spannungsfreie Temperatur definiert werden muss.
Wenn die Berechnungsfunktion für die thermische Restspannung aktiviert ist, wird die in den Gleichungen 32 verwendete Temperaturänderung berechnet als
In der Gleichung 33 sind {} Macaulay-Klammern, wobei {x}=0 für x<0 und {x}=x für x0 ist. Tamb ist die Umgebungstemperatur. Sie wird je nach Einheitensystem des Modells als 72,5 °F, 22,5 °C oder 295,65 °K angegeben.
Der erste Term auf der rechten Seite der Gleichung 33 stellt sicher, dass die thermischen Restspannungen am Ende des Abkühlens nach der Aushärtung auf Umgebungstemperatur (d. h., wenn T=Tamb) korrekt prognostiziert werden. Der Faktor ein Zweitel des ersten Terms auf der rechten Seite der Gleichung 33 basiert auf der Arbeit von Kenik [13]. Kenik hat gezeigt, dass eine einfache lineare elastische Analyse unter Verwendung von Verbundwerkstoff-Materialeigenschaften mit Raumtemperatur mit einer festgelegten Temperaturreduzierung um die Hälfte der tatsächlichen Abkühlung nach der Aushärtung thermische Restspannungen bei den Konstituenten ergibt, die ungefähr identisch sind mit den Spannungen, die mithilfe einer gründlicheren mikromechanischen Simulation der Abkühlung nach der Aushärtung unter der Verwendung von temperaturabhängigen Matrixeigenschaften prognostiziert wurden.
Der zweite Term auf der rechten Seite der Gleichung 33 stellt sicher, dass alle weiteren Temperaturreduzierungen, die nach der Abkühlung nach der Aushärtung festgelegt werden, die korrekten thermischen Spannungen ergeben. Beachten Sie, dass die Verwendung von Macaulay-Klammern {} sicherstellt, dass der zweite Term auf der rechten Seite der Gleichung 33 nur zur ΔT beiträgt, wenn die aktuelle Temperatur T unterhalb der Umgebungstemperatur Tamb liegt. In diesem Fall (TTamb) umfasst die gesamte Temperaturänderung ΔT, die von Simulation Composite Analysis in den Gleichungen 32 verwendet wird, 50 % der Temperaturänderung von der spannungsfreien Temperatur Tsf auf die Umgebungstemperatur Tamb. Sie umfasst außerdem 100 % der zusätzlichen Temperaturreduzierung von der Umgebungstemperatur Tamb auf die aktuelle Temperatur T. Wenn jedoch die aktuelle Temperatur T gleich der Umgebungstemperatur Tamb ist oder darüber liegt, berücksichtigt die von Simulation Composite Analysis in den Gleichungen 32 verwendete gesamte Temperaturänderung ΔT nur 50 % der tatsächlichen Temperaturänderung von der spannungsfreien Temperatur Tsf auf die aktuelle Temperatur T. Beachten Sie, dass diese Methode zur Berechnung von ΔT sicherstellt, dass die thermischen Restspannungen verschwinden, wenn das Material erneut auf die Aushärtungstemperatur Tcure erhitzt wird.
Die Gleichungen 32 und 33 werden auch während des MCT-Materialcharakterisierungsprozesses für Verbundmaterialien verwendet, die bei mehreren Temperaturen definiert werden. Die folgende Abbildung zeigt einen typischen Fall, in dem ein temperaturabhängiges Verbundmaterial bei den drei unterschiedlichen Temperaturen T1, T2 und T3 definiert wurde, wobei T1<Tamb, T2=Tamb und Tamb<T3<Tcure. Die Abbildung zeigt außerdem die Temperaturänderung ΔT (berechnete mithilfe der Gleichung 33), die in der mikromechanischen Analyse des Verbundmaterials bei jeder der drei Temperaturen während des MCT-Charakterisierungsprozesses eingeschlossen ist. Bei der Charakterisierung haben diese festgelegten Temperaturänderungen Einfluss auf die Bestimmung der Konstituentenausfallkoeffizienten. Wenn beispielsweise das mikromechanische Modell mechanisch bis zu einem gemessenen Ausfalllastniveau belastet wird, enthält der Ausfallspannungszustand in den Konstituentenmaterialien Anteile der mechanischen Last und der festgelegten Temperaturänderung.